Jungwinzer und Neuentdeckungen ...
... sind es, die wir in der aktuellen Edition vorstellen. Signifikant ist, dass die von der Natur vorgegebene Arbeitsweise im Weinberg sich immer häufiger genau so gravierend von dem auch nicht gerade überalterten Handwerk der Väter unterscheidet wie der Ausbau und Reifeprozess der Weine im Familienkeller.
Obschon beide Generationen ohne Frage mit einer oft gnadenlosen Qualitätsphilosophie zu Werke gehen, fordert die notwendige Profilierung und Individualisierung der Gewächse neue Ideen und Methoden. Die extremen Klimaveränderungen der vergangenen Jahre tun ihr übriges.
Sechs Nachwuchswinzer haben wir ausgewählt und präsentieren deren individuellen Riesling, den in dieser klimatisch herausfordernden Zeit auf die Flasche gebracht haben.

Weingut Kaspar Herke
Die junge Generation Herke trägt seit sechs Jahren die Verantwortung in Sachen Weinbau. Der dreißigjährige Lukas für den elterlichen Betrieb Kaspar-Herke, seine kaum ältere Ehefrau Caroline für den Keller des mütterlichen Weinguts Emrich-Montigny in Bad Kreuznach an der
Nahe.
Die Eheleute Herke sind Vollblut-Winzer. Rund 12 Hektar im Rheingau und 10 Hektar an der Nahe haben sie in der Bearbeitung. Der komplette Riesling-Ertrag des Weinguts stammt aus der „Alten Rebe“. Nicht nur in heißen und trockenen Sommern sind Alte Reben von Vorteil. Ihre Trauben hängen lockerbeerig, gedeihen
gesünder und deutlich gehaltvoller. Allerdings zwingt das im Alter zunehmend verschrobenere Reben-Wachstum zu behutsamer Pflege. Bodenarbeit am Stock und Entlaubung erfordern einen hohen Anteil an manueller Arbeit.
Den richtigen Erntezeitpunkt bestimmt Lukas Herke sensorisch. Wichtig ist ihm der optimale Säuregehalt. Die Anzahl der Oechsle-Grade sind eher Nebensache, obschon die Herkes ihre Trauben mindestens in Kabinett-, wenn nicht gar in Spätlese-Qualität einfahren. Konventioneller Ausbau im Edelstahl und ein langes Feinhefe-Lager sorgen für profiliert aromatische Weine und schaffen Voraussetzung für Stabilität und
Haltbarkeit.

Julian Faust
Julian Faust ist ganz jung im Wein-Geschäft. Der studierte Elektrotechniker und diplomierte Projektingenieur verwirklicht sich gerade einen Traum: Alte Familientradition im kleinen Gutshof im Ortskern von Rauenthal wieder aufzugreifen und eigenen Wein zu machen. Der Selfmade-Weinmacher ist hier aufgewachsen.
Begonnen hat Julian Fausts Weinguts-Relaunch vor fünf Jahren mit der Rücknahme einer 10
Zeilen-Parzelle in der Lage Rauenthaler Wülfen. Schon von Kindheit an ist ihm Weinbergsarbeit
nicht fremd. Sämtliche Handarbeiten wie schneiden, binden und entlauben tätigt er selbst. Nach altgroßväterlicher Sitte putzt der Selfmade-Winzer sogar unter den Rebstöcken wieder mit der Hacke. Gelesen wird per Hand dank der
Unterstützung eines Dutzends guter Freunde.
Das wertvolle Lesegut fährt Jungwinzer Julian noch abenteuerlich mit einem aus den 70er Jahren stammenden A30-Holder in den Keller. Der alte Gewölbekeller ist wieder vollkommen autark, derweil entrümpelt, alte Kellertechnik wiederhergestellt und mit neuen Edelstahltanks erweitert worden. Schon der erste Fauststoff war ein angenehm trockener Riesling mit guter Struktur, viel Schmelz und vermutlich großer Zukunft. Der 2018er ist es als Spätlese erst recht.

Weingut Sohns
Zusammen mit Ehefrau Denise und seinen Eltern Erich und Sabine führt Pascal Sohns das Familienweingut Sohns in vierter Generation. Die bestockte Rebfläche des Weinguts hat sich in den vergangenen zehn Jahren von 6 Hektar auf 11 Hektar nahezu verdoppelt.
Obwohl ihnen gerade die Geisenheimer Lagen ans Herz gewachsen sind, legen die Sohns Wert auf außergewöhnliche Lagen in der gesamten
Region. Dazu gehören Weinberge im Lorchhäuser Seligmacher, im Winkeler Hasensprung wie in der Hallgartener Schönhell.
Das Winzer-Duo Pascal und Erich ist von den Ausnahmequalitäten überzeugt, die der Rheingau als Kulturlandschaft und der Riesling als dessen Königsrebe zu bieten hat. So eint sie auch der Anspruch, hochwertige Weine zu erzeugen und deren Herkunft schmeckbar auf die Flasche zu bringen. Sämtliche Arbeiten, ob im Weinberg oder im Keller, sind dieser Mission unterworfen. Hinter jedem ihrer Weine steckt eine eigene Idee. Sie ist Road-Map für individuelle Arbeiten im Weinberg und die Art des Ausbaus.

Weingut Mack Mittelheim
Hierhin pilgern Weinbergswanderer und Rheingau-Reisende, wenn sie einen guten Riesling zu vernünftigem Preis bei kleiner regionaltypischer Kost suchen. Das Weingut
Mack liegt mit gemütlichem, ganzjährigen Gutsausschank und idyllischen Weingarten unmittelbar an den Weinbergen am Ortsrand von Mittelheim.
Die vierköpfige Familie Mack betreibt ihr Weingut in 2. und 3. Generation an diesem Ort seit 2008. Rund 10 Hektar sind in der Bewirtschaftung. Nur ein Ertrag von 1,1 Hektar aber findet zurzeit den Weg in die eigene Flasche. Der nahezu 100%ige
Rieslingbetrieb bewirtschaftet Weinberge in besten Rheingauer Lagen, ob Doosberg, Edelmann, Gutenberg oder Würzgarten. Traubenteilung, Entblättern und Vorselektion gehören längst zu den qualitätssteigernden Maßnahmen in ihren Wingerten.
Kerngesundes Lesegut wird auf den Punkt geerntet, entrappt und nach kurzer Maische-standzeit mit wilden Rheingau typischen Hefen deren Gärprozess gestartet! Das macht die für die Weinmacher in der Familie Mack so besonders aromatischen Rieslinge aus. Der Ausbau in kleinen Edelstahltanks garantiert eine nahezu gleichbleibende Stilistik. Ein Feinhefelager von drei bis vier Monaten stabilisiert. Der weitgehende Verzicht auf Schönungsmittel gehört zum Prinzip, trotzdem sind die Weine herrlich klar, frisch und aromatisch.

Weingut Lüft
Wer im mittelalterlich geprägten Kiedrich nach dem Weingut Lüft sucht, wird enttäuscht sein. Die Lüfts machen ihren Wein in ausgebauten Kellern ihrer Privathäuser. Weinbau ist das ambitionierte Hobby der Familie. Und das schon seit vier Generationen. Ihr Ursprung liegt im Frankenland, wo Großvater und Urgroßvater dem Küferhandwerk nachgingen.
Sohn Christoph hat den Kiedricher Kleinbetrieb im Jahr 2013 übernommen. Der 41jährige Juniorwinzer ist so etwas wie ein Urgestein unter den angestellten Weinmachern. Gehört er doch seit 25 Jahren der Mitarbeiterschaft des mit 250
Hektar größten Rheingauer Betriebs Staatsweingüter Kloster Eberbach an.
Weinbergs-Geher erkennen die Rebzeilen von Lüft an den gelb-weiß markierten Randpfählen. Seine Weinberge sind nach ökologischen Prinzipien begrünt, obschon Lüft kein zertifizierter Öko-Winzer ist. Seine Trauben zeigen sich stets lockerbeerig und gesund. Es ist das Resultat von frühzeitiger Entblätterung, Traubenteilung und Vorselektion.
Nach kurzer Maischestandzeit vergären die Moste kalt im Edelstahltank. Das erhält die Aromen und unterstreicht die Frische. Ein mehrmonatiges Feinhefelager schafft harmonische Struktur und fördert die Haltbarkeit des Weines.

Projektweingut 49point9
49point9 ist eines der jüngsten Weinprojekte im Rheingau. Und tatsächlich basiert die schnelle Erfolgsstory der jungen Weinmacher Maik Werner und Michael Sobe einzig auf ihrer internationalen Erfahrung, einem extrem hohen Qualitäts-anspruch und einer großen Begeisterung für Wein: Höchst individuelle Rieslinge fernab des
Mainstreams ohne Kompromisse und mit viel Trinkfreude ist das Motto.
Der Kilzberg Kabinett feinherb positioniert sich in ihrem Rieslingportfolio zwischen dem frisch-fruchtigen Gewächs aus dem Geisenheimer Mönchspfad und dem im Barrique vergorenen, an
Burgunderweine erinnernden 2016 Geisenheimer Riesling.
Für beste Traubenqualität investieren die beiden
Winzer stets viel Zeit in manuelle Weinbergs-arbeit. Reduzierter Ertrag und lange Ausreifung der Trauben insbesondere im Geisenheimer Kilzberg entsprechen den hohen Kriterien der „Grand Crus“ des Rheingaus. So war das Ergebnis der 2018er Ernte gesunde, goldgelbe Riesling-trauben, mit kleinen aromatischen Beeren. Der "Purple Label" ist mit einer Wildhefeselektion vergoren, die sich durch eine sehr langsame und schonende alkoholische Gärung auszeichnet. Dadurch verleiht sie dem Wein ein breites Spektrum an Aromen und erhält eine feine natürliche Restsüße.

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